Die in Memphis/Tennessee ansässige, "wildly-influential" Roots-/Alternate Country-/Americana-/Alternate Rock-Band Lucero präsentiert uns rund 3 Jahre nach dem herauragenden "Among the ghosts" mit "When you found me" ihren fabelhaften Nachfolger. Seit mehr als 20 Jahren stehen der charismatische Frontmann Ben Nichols mit seiner unverwechselbaren tiefen, rau gegerbten, kratzigen Stimme und seine Freunde für einen rauen, trockenen, zuweilen auch recht ruppigen, aber immer mit einer großartigen Melodik versehenen Rootsrock-/Americana-Sound, im weitesten Sinne irgendwo einzuordnen zwischen den Drive-By Truckers, den frühen Wilco und den Replacements. Auch für das starke neue Werk trifft dies wieder zu, wenngleich die Band hier, das hatte sich mit einem dezenten Achtziger-Flair beim Vorgänger schon angedeutet, durch stärker in den Mittelpunkt rückende Keyboards (Synthesizer, Mellotron) eine größer, breitere, ja zuweilen fast schon als cineastisch zu bezeichnende Soundvielfalt erreicht. Dabei gelingt es ihnen hervorragend, diese Keyboards mit ihren kraftvollem, erdigen Gitarren in Einklang zu bringen. "Ich wollte einen sehr klassischen Rock-Sound für dieses Album", sagt Ben Nichols dazu. "Ich wollte, dass es sich nach etwas anhört, das ich als Kind im Radio gehört habe. Ich wollte überhaupt kein Retro-Album aufnehman, aber ich wollte auf einige dieser Klänge, Töne und Stimmungen verweisen, die in meiner Jugend allgegenwärtig waren. Ich denke, wir haben eine gut ausgewogene Balance zwischen Nostalgie und dem gefunden, das immer noch nach klassischen, typischen Lucero klingt". In der Tat ist ihnen das exzellent gelungen. Das Songmaterial ist große Klasse, ja fesselt einen mit seinen mal opulenten, dann wieder etwas sparsameren Arangements zuweilen richtig. Beste Beispiele dafür sind etwa der einerseits von ruppigen, rauen, kantigen Gitarrenriffs und andererseits auch von "wabernden" Keyboard-Klängen geprägte, zunächst recht verhaltend beginnende, schließlich aber in einem wuchtigen Finale mündende Opener "Have you lost yor way?", der feine, überaus melodische, durchaus kräftige Roots-/Americana-Rocker "Ourtrun the moon" (herrliche Lead Gitarrenarbeit), die prächtige, leicht folkige, aber auch Heartland Rock-beeinflusste Alternate Country-Nummer "Coffin nails" (klasse Acoustic Gitarre, herrliche Baritone Lead Gitarre, Piano, stampfender, lockerer Rhythmus, sehr natürliches Ambiente), das auf einem breiten Keyboard-Teppich ausgelegte, opulent inszenierte "Pull me close don't let go", die von einem schönen, cineastischen Countryrock-Flair durchzogene Americana-Nummer "The match", der raue, energetische, straighte, laute Roots-/Heartland-Rocker "Back in Ohio" (die tierische Saxophon-Einlage im Break vermittelt ein typisches Springsteen-Feeling), der in einem kräftigen, vielschichtigen Gitarren-/Keyboard-Gewand kommende Rootsrocker "A city on fire", wie auch die das Album abschließende, von einer wunderbaren Melodie geprägte, melancholische Ballade "When you found me" (schöne Acoustic Gitarre, Piano, Keyboard-Teppich). Lucero haben ihren Sound etwas erweitert, aber diesen Spagat hervorragend gemeistert. Und wenn man diese Gitarren und Ben Nichols' einzigartigen "Raspel" in der Stimme hört, dieses Southern Gothic-Flair spürt, dann fühlt man sich eh zu Hause - zu Hause bei Lucero. Klasse Vorstellung!
Das komplette Tracklisting:
1. Have You Lost Your Way? - 3:15
2. Outrun the Moon - 4:58
3. Coffin Nails - 3:02
4. Pull Me Close Don't Let Go - 4:20
5. Good as Gone - 4:10
6. All My Life - 4:11
7. The Match - 4:08
8. Back in Ohio - 3:43
9. A City on Fire - 4:55
10. When You Found Me - 4:37
|