"The benchmark for what Country Rock should be about in the Mid-21st Century", schreibt ein amerikanischer Rezensent - und dem kann man, nimmt man neben der Bezeichnung Country Rock noch die Kategorisierungen Roots, Americana, und (Alternate) Country hinzu, nur bedingungslos zustimmen. Gemeint ist das bereits sechste Werk der in einem kleinen Tulpenfarmen-Städtchen im U.S.-Bundesstaat Washington aufgewachsenen, heute im californischen San Diego lebenden, fantastischen Singer/Songwriterin Sara Petite, mit dem Titel "Rare Bird" - ein geradezu faszinierendes, herausragendes Album. Immer mal wieder kommt es vor, dass wir Musikfans ein ganz besonderes Album entdecken - so frisch, so aufregend und neu in seinem Sound, geradezu atemberaubend, dass man alles stehen und liegen lassen möchte, um sich einzig und allein dieser Musik hinzugeben und sich auf die unglaubliche Schönheit und Pracht dieser wunderbaren Songs zu fokussieren. So jedenfalls war unsere Reaktion, als wir "Rare Bird" zum ersten Mal gehört hatten. Sara Petite ist im Country und Honky Tonk zuhause, kann aber auch rocken wie die sprichwörtliche "Sau". Ihre deutlichen Bezüge zum traditionellen Country leugnet sie nie, doch sie performt, völlig zwanglos und unbeschwert, weitab vom Nashville-Glamour, und bevorzugt eher das natürliche, etwas rauere, rockige Roots-, Americana-, Alternare Country-Terrain. Energie, Leidenschaft und Hingabe sind fast greifbar. Und diese herrlichen Melodien, dieser klare, satte, knackige Sound - umwerfend! Saftige, vielschichtige, vollmundige E-Gitarren, inkl. prächtiger Pedal Steel, bestimmen vorwiegend das Geschehen. Mit viel Charisma und ihrer einzigartigen, unverwechselbaren, vielleicht ein wenig an die gute Rosie Flores erinnernden, rotzig rauen Stimme (ein amerikanischer Jorunalist drückt es so aus: "she sounds like the offspring of Bobbie Gentry and Tom Petty filtered through Ashley McBryde who was singing Kitty Wells songs at a party hosted in Janis Joplin’s honour") und einer begnadeten Band im Rücken (die Truppe wurde bereits viermal mit dem "San Diego’s best Country/Americana Band"-Award ausgezeichnet) präsentiert sie ein geradezu mitreißendes Menü aus "Highway Anthems, Heartland Rockers, Ballads and Classic Country", die einen von der ersten bis zur letzten MInute packen. "She can sing a ballad as well as Loretta Lynn and bring sass to a song like Wanda Jackson", doch zu ihren Einfüssen zählen auch solche Größen wie June Carter, Iris Dement, Bob Dylan, Dolly Parton, John Prine, Shelby Lynne, the Beatles, the Rolling Stones, Steve Earle, Patty Griffin, Tom Petty, Merle Haggard, Lucinda Williams, Bruce Springsteen und Rosanne Cash. Das Album startet mit dem von "lots of big sounding guitars" und einer hinreißenden Pedal Steel umgebenen, bärenstarken Midtempo Americana-/Countryrocker "Feeling like an angel", dessen herrliche Melodie, Frische und Twang einen sofort faszinieren. Die so wunderbar saftig klingenden Gitarren und Sara's toller, natürlich rauer, unverwechselbarer Gesang verbinden sich in perfekter Harmonie. Davon geht eine Magie aus, die über das komplette Album anhält. Jeder Song für sich ist ein einziges Highlight. Weiter geht's mit dem schmissigen, voller Drive und Energie steckenden, flammenden Uptempo Roots-/Countryrocker "Runnin'" - ebenfalls dominiert von satten Gitarren überall, inkl. eines zündenden Solos. Erinnert ein wenig an die frühem Rocker von Carlene Carter. Großartig! Mit dem balladesken, phänomenal arrangierten "Scars" (grandiose, erdig würzige, fette Lap Steel-Gitarre) folgt die nächste "Mördernummer". Wunderbar hier das Wechselspiel zwischen zurückhaltenderen (akustische Gitarre, Wurlitzer Piano) und ungemein kraftvollen, elektrischen Momenten. Im Break hören wir ein geniales, ungemein melodisches, dennoch sehr erdiges Lap Steel-Solo, das unweigerlich ein wenig an den großen David Lindley erinnert. Wir sind total entzückt! Das Titelstück des Albums, "Rare bird", ist eine unwiderstehlich schöne, mit viel Emotion vorgetragene (Alternate) Country-Ballade, arrangiert in einem ganz tollen, etwas fragilen, dennoch rootsig angerauten Outlaw-Ambiente. Der Sound der Gitarren, der (heulenden) Pedal Steel und der elektrischen Lead Gitarre (starkes Solo) am Ende, sowie eine "sägende", einsame Fiddle, klingen herlich "voll" und erzeugen mit ihrem dezenten Hall ein leicht psychedelisches Flair. Man bekommt einfach Gänsehaut! Anschließend lässt Sara wieder die wilde Rebellin raus. "The misfits" ist ein krachender, straighter, "rowdy and rousing" Power-Rocker, übrigens wieder mit starker Lap Steel, bei dem man unweigerlich mitgrölen möchte, wenn sie singt: "We are the misfits, we are the ones, we are the rebels with those smoking guns". Herrlich flockigen, absolut klassischen, hoch melodischen Honky Tonk-Country gibt's dann mit dem wundervollen, frischen "Floating with the angels (die Pedal steel ist ein Hochgenuß), während die großartige, nostalgisch angehauchte, mit viel Seele vorgetragene Countryballade "I just keep moving on" (traumhaft harmonisch integrierte Trompete) klar die Inspiration von Wanda Jackson verdeutlicht. Wir wiederholen uns gerne: "Rare Bird" ist ein faszinierendes Album. Sara Petite ist eine sußergewöhnliche Künstlerin, die in ihrem Sound so originell ist, dass man sie nicht auf wenige Einflüsse festlegen kann. So kommen einem die Songs schnell vertraut vor, klingen auf der anderen Seite aber unverwechselbar, einzigartig und besonders. Dementsprechend euphorisch sind die Reaktionen der amerikanischen Fachpresse auf das Werk. Vollkommen zu Recht, wie wir finden. Ein schlichtweg brillante Vorstellung von Sara Petite.
Das komplette Tracklisting:
1. Feeling Like an Angel - 4:30
2. Runnin' - 2:56
3. Scars - 4:41
4. Rare Bird - 6:31
5. The Misfits - 2:35
6. Missing You Tonight - 3:38
7. Crash, Boom, Bang - 2:43
8. Medicine Man - 4:53
9. Floating with the Angels - 4:01
10. Keep Moving On - 4:01
11. Working on a Soul - 5:02
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