In ihren kurzen Kleidchen sieht sie eher aus wie ein glamouröser Teeniestar, tatsächlich aber ist sie eine toughe, großartige Old School-Bluesrockerin und eine fabelhafte, furios aufspielende Gitarristin. Die Rede ist von der gerade mal 22 Jahre jungen Texanerin Ally Venable, die mit "Heart of fire" nun schon ihr viertes Album vorliegt - ein klasse Teil, das in beeindruckender Art und Weise ihren rasanten Aufstieg in der Szene belegt. So schwärmt beispielsweise niemand geringeres als Saitenhexer-Kollege Mike Zito: "Ally is the future of blues and the crossover music of American roots-rock". Ally ist tatsächlich ein Multitalent. Neben dem herausragenden Beherrschen des Gitarrespielens überzeugt sie auch als veritable Sängerin und Songwriterin. Alle Tracks, bis auf zwei Coverversionen (Bill Withers' "Use me" und der wunderbar von Ally neu arrangierte, uralte, aus dem Jahre 1924 stammende "Hateful Blues" mit Original-Intro von Bessie Smith), stammen aus der Feder von Ally Venable, einer davon mit Co-Autor Devon Allman und zwei zusammen mit Lance Lopez komponiert. Zudem hat sie, bis auf zwei Ausnahmen (dazu später mehr), sämtliche Gitarrenparts (rhythm & lead guitar) des Albums selbst übernommen - und wie sie das gemacht hat, zeigt auf eindrucksvollste Art und Weise, welch eine außergewöhnliche, variable und virtuose Gitarristin sie ist. Ihre immer wieder geschickt eingestreuten, zündenden, kraftvollen, meisterhaften Soli, kommen voller Feuer, mit viel Seele, aber auch schön zwanglos, voller Frische und unverbrauchter, jugendlicher, rauer Emotionalität. Ihre ganz große Inspirationsquelle ist Stevie Ray Vaughan, was man immer wieder unschwer erkennt, nicht zuletzt bei dem grandiosen, fast 9-minütigen, überaus melodisch und virtuos arrangierten Instrumental "Tribute to SRV". Was Ally hier an der Gitarre fabriziert, wie sie ihrem großen Helden die Ehre gibt, das ist einfach fabelhaft. Ruhigere Momente und richtig kraftvolle Passagen gehen fließend ineinander über, getragen von dem hinreißenden Lead Gitarren-Spiel der Protagonistin. Eine Meisterleistung! Den Anfang des Albums macht allerdings das exzellente Titelstück "Heart of fire". Herrliche, brodelnde Wah Wah-Riffs eröffnen den Song, Ally's klarer Gesang setzt ein und es entwickelt sich ein knackiger, kerniger, von tiefen, fast ein wenig heavy anmutenden, satten Gitarrenlicks begleiteter, wunderbar melodischer Bluesrocker, der sofort hängen bleibt. Ein erstes, quirliges Solo zeigt Ally gleich in blendender Form. Auch der Groove stimmt. Ein Auftakt nach Maß. Unser Bluerock-Herz hat sofort Feuer gefangen. Mit dem folgenden "Played the game", etwas ruhiger arrangiert, dennoch voller Dynamik und Würze (treibende Basslinie und Bassdrum), offenbart Ally ihre Variabilität. In ihrem semi-akustischen Gewand (tolles, teils swampiges Acoustic Gitarren-Spiel, inkl. Solo), orientiert sich die Nummer eher am klassischen Blues/Southern Blues, ohne aber den rockigen Touch gänzlich vermissen zu lassen. Schön hier die dezenten Orgel-Fills. Nach dem schon erwähnten, stampfenden, mächtigen "Hateful Blues" (tierisches, die Swamps ordentlich aufwühlendes Slideguitar-Solo von Ally), folgt mit dem großartigen "Road to nowhere", einer Kooperation mit Devon Allman (Allman Betts Band), eine weitere Top-Nummer. Wirkt kräftig, aber auch herrlich locker, groovy und fast schon ein wenig jammig. Devon Allman glänzt hier mit gut passenden Background Vocals und einem prächtigen, kernigen Gitarrensolo. Er hat dieses Stück auch produziert, während das komplette, übrige Album von Jim Gaines (u. a. John Lee Hooker, George Thorogood, Royal Sothern Brotherhood, Albert Cummings, Anthony Gomes, Joanne Shaw Taylor, und viele mehr) produziert wurde. Eine weitere Gemeinschaftsarbeit hören wir mit dem starken, schwermütigen Bluesrocker "Bring on the pain", diesmal mit Kenny Wayne Shepherd, der hier ebenfalls ein tolles Gitarrensolo beisteuert. Super auch der mit feurigen Riffs ausgestattete, in einem satten Gitarrengewand inszenierte, zünftige Bluesrocker "Do it in heels", den Ally mit zwei bravourösen Soli veredelt. So geht das munter weiter, bis das Album schließlich mit dem von erdigen Wah Wah-Riffs geprägten, powernden "What do you want from me" genauso kernig endet, wie es gut 50 Minuten zuvor begonnen hat. Ein Album, das richtig Freude bereitet. Ally Venable hat sich deutlich weiterentwickelt und präsentiert mit "Heart of fire" ganz klar ihr bestes und reifstes Album bisher. Im erlauchten Kreis der Elite weiblicher "Guitarslinger" und Bluesrock-Künstler ist sie damit endgültig angekommen. Ally's Bluesrock-Herz brennt - daran besteht kein Zweifel.
Das komplette Tracklisting:
1. Heart of Fire - 4:35
2. Played the Game - 4:45
3. Hateful Blues - 4:07
4. Road to Nowhere (feat. Devon Allman) - 3:53
5. Bring on the Pain (feat. Kenny Wayne Shepherd) - 3:54
6. Hard Change - 4:23
7. Do It in Heels - 3:35
8. Sad Situation - 4:10
9. Use Me - 4:40
10. Tribute to SRV - 8:52
11. What Do You Want from Me - 3:18
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