Was ist denn mit dem guten Hal Ketchum passiert? Hat der eine Frischzellenkur hinter sich? Gratulation, ein solch starkes Album hätte man ihm kaum noch zugetraut. "The king of love" strotzt nur so vor erstklassigen Songs! Vergessen ist die Schwächephase der letzten Jahre, wo er doch mit dem ein oder anderen Album etwas "daneben" lag, sich mit seiner Musik doch etwas zu verzetteln schien, und sich zu oft in allzu seichten Ergüssen verlor. Dabei weiß man doch, was er drauf hat. Anfang der Neunziger hat er sich mit seiner tollen Stimme und seiner herzerfrischenden Countrymusic, man denke nur an Hits wie "Small town Saturday night", in die Herzen der Fans gespielt. Darüber hinaus, auch das ist bekannt, ist er ein hervorragender Songwriter, dessen Songs in der Szene hoch geachtet sind. Und jetzt ist er wieder da! Und wie! Besser als je zuvor ruft er sein gesamtes Potential mit all seinen Qualitäten ab. "The king of love" ist ein fantastisches New Country-Album,. bei dem es Herrn Ketchum in absolut überzeugender Manier gelingt, immens viele Elemente angrenzender Musikrichtungen in "seine" Countrymusic zu integrieren. Ganz klar, es ist immer "country", doch die vielen Verbindungen zum Rock, Blues, Singer/Songwriter-Genre, zum Americana, die vielen rootsigen Elemente, sogar dieser auf einmal vorhandene, zuweilen doch recht ausgeprägt zu Tage tretende Southern-Einfluß... - all das erzeugt bei seiner neuen Platte eine ungeheure Spannung. Alles klingt herrlich frisch, die Songs, zumeist im Midtempo-Bereich, sind rockig, knackig und kraftvoll, weit weg von jeglichem Schmalz. Sehr Gitarren-orientierte Instrumentierung, durchsetzt mit herrlichem Schlagzeug- und Percussion-Spiel, sowie großartigen Piano- und Orgel-Einsätzen. Sehr häufig hören wir eine ausgeprägte, satte elektrische Slide-Gitarre, die dieses gewisse Swamp-/Southern-Flair natürlich noch fördert. Und über all dem sind Hal Ketchum diesmal Melodien gelungen, die einem nicht mehr aus den Ohren weichen. Der Eröffnungstrack des Albums, das lockere, etwas poppige "Everytime I look in your eyes" ist schon eine prima Nummer, doch danach dreht er dann richtig auf! "Run Loretta run" ist eine absolute Pracht-Nummer! Ein energiegeladener. Little Feat-inspirierter, kraftvoller Countryrock-/ Blues-/ Swamprock-Song mit einer gewaltigen Portion Southern-Soul und einem herrlichen, rhythmischen, funky Groove. Als hätte er diesen Song mit Lowell George geschrieben! Und welch eine Melodie! Dazu eine kraftvolle Instrumentierung aus schwüler, fetter, elektrischer Slide, rhythmischem Piano und exquisitem Acoustic-Picking. Doch die nächste Hammer-Nummer folgt sogleich: "As long as you love me" ist im Stil zwar ganz anders, doch auch dieser Song hat es in sich. Voller Lockerheit und Leichtigkeit, übrigens im Duett mit Jonell Mosser, die ebenfalls eine tolle Stimme hat, scheint einem dieser glückselige New Country-Song wie eine leichte, frische Sommerbrise durch das Haar zu streichen. Dabei hören wir einen federleichten Rhythmus aus unaufdringlicher Percussion, eine wundervolle Steel und die so angenehme Kombination aus Piano, sowie akustischer und elektrischer Gitarre. Mit dem Titelstück "The king of love" folgt dann wieder ein fetziger, bluesiger Countryrocker mit einem an Bo Diddley erinnernden Rhythmus, inklusive dampfender Slide-Gitarre, ehe sich das hochmelodische, knackige New Country-Stück "On her own time" anschließt. So haben alle Nummern der CD ihren Reiz. Besonders herausstellbar sind vielleicht noch die rootsige Texas-Country Ballade "The carpenter's way", ein Duett mit Guy Clark, mit klasse Fiddle-/Dobro-Zusammenspiel, der ungemein Southern-getränkte New Country-Titel "Evangeline", der tief in den Mississippi-Deltas entstanden zu sein scheint, wieder mit toller Melodie und großartiger Slide, sowie die irisch angehauchte Country-Nummer "The skies over Dublin". Eine klasse CD von vorn bis hinten, voller würziger, abwechslungsreicher New Country Musik! Und seine Stimme war nie besser! Über 53 Minuten lang ist das der beste Hal Ketchum seit vielen Jahren, vielleicht sogar der beste Hal Ketchum, den es je gab....
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